Die Sorge um die Kraftstoffversorgung

Im Zeitraum der meistgebauten Replikas/Nachbauten der Fahrzeugbaujahre ´70 bis ´90 ist diese Sorge berechtigt. Fahrzeuge vor 1970 mit Motorenentwicklungszeitraum Anfang Mitte der 60er Jahre, sowie Youngtimer ab den 90er Jahre mit Einsatz z.B. von Kunststofftanks, sind weitaus weniger Ethanol gefährdet.

Das Hauptungemach droht aus dem Kraftstofftank infolge der sogenannten „Tankatmung“!

Dazu zunächst etwas Spritkunde: um 1900 galt ein undefinierter Alkohol-/Ethanolanteil, Hauptsache es ergab ein zündfähiges Produkt. In der Weimarer Republik wurde um 1935 von der Reichskraftsprit-Gesellschaft ein 25%tiger Bio-Ethanolanteil erstmals festgeschrieben. Man nannte dieses Gemisch „Monopolin“. Im 2. Weltkrieg und noch viele Jahre danach bis in die 50er Jahre hinweg galt ein noch höherer Anteil an Bio-Ethanol, je nach Verfügbarkeit und Notwendigkeit in Form von Benzol, Methanol, Aceton, Nitro, usw. Infolge der harten D-Mark konnte man sich ab Mitte der 50er Jahre immer mehr reines Benzin aus importiertem Rohöl leisten. Die Motorenentwicklung, und damit auch die Gemischaufbereitung, damals noch mittels Vergaser oder mechanischen 2- und 6-Stempeleinspritzpumpen, passten sich immer dem jeweiligen zurzeit verfügbarem Kraftstoff an.

Mit der Rohölpreisexplosion Mitte der 70er Jahre besinnte man sich wieder der Spritpanscherei mit heimischen –oder aus aller Welt zugekauften- Bio-Alkohol, zunächst mit bis zu 5%. Andere Länder wie z.B. Schweden und Brasilien folgten ab 1990 sogar mit bis zu 85% im so genannten E85. Die Motorenentwicklung Mitte der 80er Jahre für die Fahrzeuge ab den 90er Jahren wurde nun die Technik der Kraftstoffanlage dem höheren Ethanolanteil Rechnung getragen, z.B. dass Kraftstofftank, Fittings, Filtergehäuse und sogar Kraftstoffleitungen zunehmend aus Kunststoff hergestellt wurden. Zudem fertigte man Benzinleitungen, Fittings, Benzingrobfilter, u.ä. aus hartem (rostfreien) Edelstahl.

Ergo: Je älter der Oldtimer, desto besser wird das Fahrzeug mit E5 oder E10 fertig. Das gleiche gilt für Fahrzeuge ab den 90er Jahre.

Folglich sind die größten Sorgenkinder alle(!) Baujahre zwischen 1970 und 1990!

Welche Empfehlung kann man da nun geben?

Premium-Kraftstoff wie z.B. Shell-V-Power oder Aral Ultimate mit 102 Oktan hat zwar 0% Ethanolanteil, dafür aber 2% Ether (was der Bildung von Mikrobakterien aber egal ist, dazu später mehr), SuperPlus mit bis zu 2% Ethanolanteil, E5 bis zu 5%, E10 bis zu 10%, obwohl man bei Letzterem weiß, dass E10 sehr oft exakt der gleiche wie E5 sein kann, wenn nicht sogar aus dem gleichen E5-Erdtank der Tankstelle – nur gezapft wird aus unterschiedlichen Zapfsäulen mit unterschiedlichen Preisen.

Fest steht, dass der Alkohol im Ethanol hygroskopisch ist, bindet also Wasseranteile der Luft (Luftfeuchtigkeit) zu Kondenswasser. Das schwere Wasser fällt zum Tankboden und verursacht dort eine Korrosion und bildet an den Übergangsstellen Mikrobakterien, die Filter und Düsen verschlammen und zusetzen lassen. Letzteres birgt eine besonders große Gefahr bei sehr langer Außerbetriebsetzung, wenn also die gesamte Kraftstoffanlage dazu auch noch austrocknet. Dann bildet sich ein bräunliches Harz, ein so genanntes „Gum“, was Filter, Vergaserdüsen oder Einspritzdüsen mit den teuren kontinuierlich betriebenen Mengenteiler unbrauchbar machen kann. (Bild1)

Unbedingt zu erwähnen ist auch, dass E10 einen größeren Quellangriff auf Benzinschläuche begünstigt, aber nur dann, wenn es zur Austrocknung der Schläuche kommt (Bild2). Der anstelle des Kraftstoffs tretende Luftsauerstoff löst die Elastomere (Weichmacher) heraus. Deshalb sind alle ausgetrockneten Benzinschläuche weitaus gefährdeter als Benzinschläuche, in denen dauernd flüssiges Benzin steht!

Folge: der Kraftstoffschlauch quellt auf und wird brüchig!

Bleibt der Gummischlauch von innen nass, so schützt er sich vor Sauerstoffeinwirkung selbst. Das gleiche gilt für Gummidichtungen, O-Ringe, die Membrane des Kraftstoffspeichers, Druckregler, etc.

Ein totales Trockengehen erfolgt bei vollem Tank und dichter Kraftstoffanlage i.a.R. erst nach vielen Jahren, in Zahlen würde ich da mal weit über zehn Jahre schätzen.

Nur bei alten, bereits rissigen und spröden Benzinschläuchen, wo der Luftsauerstoff von außen den Gummi angreifen kann, sollte man diese dringend erneuern. (Bild3+4) Die Elastomere werden dann nach und nach von außen herausgelöst, bis es zur endgültigen Undichtigkeit kommt….

 

Beispiele aus eigener jahrzehntelanger Erfahrung sind da immer am hilfreichsten und als wirklich bare Münze zu verkaufen: Eine über den Winter mehrmonatige Außerbetriebsetzung ist kein Problem, egal, welcher Kraftstoff getankt wurde.

 

Was hat es aber mit der eingangs erwähnten „Tankatmung“ auf sich?

Über die Tankentlüftung verschafft sich der Tank die Luft zum Atmen. Die Alkohol-/Ethanolanteile binden den Wasseranteil der Luftfeuchtigkeit bis zur Sättigung. Diese nun schweren Moleküle sinken auf den Tankboden nach unten ab und verursachen dort die Korrosion. Je größer die Kraftstoffoberfläche und je mehr Luft im Tank, desto mehr Feuchtigkeit kann aufgenommen werden. Durch die äußeren Temperaturunterschiede (z.B. auch Tag-/Nachttemperaturunterschiede) wird die Luftmasse wechselweise immer wieder ausgedehnt und danach wieder zusammengezogen. Beim Zusammenziehen zieht sich der Tank immer wieder frische Luftfeuchtigkeit in den Tank. Dieses Phänomen nennt man „Tankatmung“. Je voller der Tank, desto weniger Luftmasse über der Kraftstoffoberfläche! Und je mehr Sprit im Tank, umso mehr Luftfeuchtigkeit kann „aufgenommen“ werden, ohne dass die Moleküle so schwer werden (gesättigt werden), dass sie sich auf den Tankboden absetzen können.

Das ungünstigste Szenarium entsteht also, wenn ein Fahrzeug mit fast leerem Tank für lange Zeit nur einfach „weggestellt“ wird!

Verstärkt wird die Tankatmung noch, wenn ein Fahrzeug draußen, z.B. unter einem Carport, abgestellt wird. Hier sind die Tag-/Nachttemperaturunterschiede besonders hoch!

Bleibt noch zu erwähnen, dass der Ethanolanteil blanke Alu, Kupfer- und Messingteile angreift. Diese weichen Halbedelmetalle schützen sich zwar grundsätzlich durch ihre eigene Patina -also der Oxidation mit (Luft-)Sauerstoff- sind aber z.B. an den Gewindeschneidungen und Betriebsabschürfungen ungeschützt. Gerade an Metallübergängen von z.B. Alu auf Messingteile ist dann die natürliche Patina verletzt. Der ethanolhaltige Sprit dringt an die Gewindegänge und wandelt dort das blanke Aluminium in Aluminiumalkoholat um. Man erkennt dieses am „Aufblühen“ von Alu und Zinkdruckgussteilen, z.B. an Benzinpumpen, Filter, etc. Das Aufquellen im Alu frisst die Gewindegänge auf. Zuerst treten Undichtigkeiten auf. Durch weitere mechanische Beanspruchung oder Vibrationen reißt der Nippel dann plötzlich raus. Bei hohen Drücken kann der Einschraubnippel regelrecht aus dem Alugehäuse heraus geschossen werden!

In dem Zusammenhang noch eine Erkenntnis: Kraftstoffadditive zur E5 oder E10-„Neutralisation“ gibt es nicht. Auch dann nicht, wenn es die Beschreibung suggerieren möchte. So genannte Stabilisatoren sind im normalen Sprit bereits enthalten. Sie sind für drei bis fünf Jahre ausgelegt. Ich selbst habe schon einmal im Fall der Fälle aus dem Reservekanister nachtanken müssen. Der Sprit war mindestens 10 Jahre alt. Nachdem die Luft aus der trocken gefahrenen Benzinleitung mittels „Anlasserorgeln“ raus war, sprang der Wagen einwandfrei an.

Trotzdem sollte man alle paar Jahre den Inhalt des mitgeführten Reservekanisters erneuern. (Bild5) Möchte man aber bewusst, z.B. wegen einer größeren Reparatur oder einer bevorstehenden Restauration, den Wagen über einen längeren Zeitraum wegstellen, so können einschlägige Additive oder spezielle Benzinstabilisatoren sicher nicht schaden.

Fazit: Für den laufenden Betrieb ist es für alle Fahrzeugtypen unerheblich, ob ich E5(Super) oder E10(Super) tanke. Der Preisunterschied von E5 zu E10 ist mittlerweile eh unerheblich. Die dagegen beim wesentlich teureren SuperPlus angeblich besseren Leistungsausbeute ist vielleicht im hochkomplizierten Messverfahren nachzuweisen, aber eher nur für die Benzinindustrie eine Argumentation für den wesentlich höheren Literpreises der sogenannten Premiumkraftstoffe. Aber auch aus einem anderen Grund kann ich Premiumsprit nicht empfehlen, weil wegen veränderter Zündfähigkeit und Abbrenndauer ohne weitere Anpassung (z.B. des Zündzeitpunktes) der Motor zum „Klingeln“ neigt und dadurch erheblichen Schaden nehmen kann!

Vollgetankt auf dem direkten Weg zur Überwinterung unter den Pyjama reicht völlig aus!

Alois Hoppen

Bildunterschriften:

1) lange Standzeiten sind „Gift“ für den teuren Mengenteiler

2) Benzingase in leeren Benzinleitungen sind aggressiver als pures flüssiges Benzin

3) eine Frage der Zeit bis zur Undichtigkeit

4) uralte Kraftstoffschläuche sollten alle 20 Jahre erneuert werden

5) Sprit im mitgeführten Reservekanister alle 5 Jahre erneuern

Published on  May 21st, 2019