Stefans Bugatti Neuaufbau

Zu meiner "Replica" bin ich durch eine Jugendträumerei gekommen. In den Siebzigern des vergangenen Jahrtausends (ja, schon lange her...) gab es Verrückte, die Kunststoffteile auf andere Fahrgestelle setzten und mit Segen des TÜV auf die Straße brachten. So einen wollte ich mit neuem Führerschein auch haben und besorgte mir für gutes Geld (Schutzgebühr...) etliche Prospekte. Glücklichweise fehlten mir dann die Mittel, einen Bausatz zu kaufen. Mit dem Kauf des Bausatzes wäre es auch nicht abgegangen, denn die Liste der Zurüstteile und möglichen Extras war endlos. Und nicht zuletzt mangelte auch technischen Fertigkeiten, so ein Projekt zu realisieren

In fortgeschrittener Jugend, mit einigem an zugewonnenem Know how, habe ich dann meinen Jugendtraum verwirklicht. Das fertige Spaßmobil sollte dem Originalbugatti möglichst ähnlich sehen. Dazu habe ich mir das Vorbild im Museum und in der Literatur angeschaut und Pläne gemacht.

Am Anfang stand dann ein Wrack mit langem Vorleben. Das Fahrgestell wild zusammengebraten, die Karosserie böse verschnitzt. Dann hatte einer der Vorbesitzer die Idee, einen Elektroantrieb einzubauen und gab dem Fahrzeug damit den Rest. Der Antrieb, Teile der Karosserie und viele Zurüstteile gingen verloren.Das unrettbare Teil war für mich die gesuchte Herausforderung.

Los gings mit einer Bestandsaufnahme und Recherche. Das Fahrzeug habe ich vollständig zerlegt. Dabei zeigte sich unter anderem der Vorderachskörper marode.  Das Sitzbankgestell war wegen sinnloser Verstärkungen extrem schwer und trotzdem völlig instabil. Die Verstärkungsspanten der Karosserie waren schlecht eingepasst und hatten zum Verzug der Karosserie geführt. Auch sie wurden entfernt.

Die zu schwachen seitlichen Winkelprofile wurden zunächst entfernt und durch Profile mit richtiger Abmessung an korrekter Stelle ersetzt. Die Position von Handbrems- und Schalthebel sowie Pedalerie habe ich optimiert und ein rückengerechtes und verwindungsfreies Sitzgestell nachgefertigt.    

 

Auf den so verbesserten Boden wurde die GFK-Karosserie gesetzt und mit Birkenholzspanten in Form gezogen. Pappschablonen waren hilfreich, trotzdem musste ich gefühlte tausend Mal das Oberteil abgenehmen und die Spanten nacharbeiten. Am Ende hats gepasst und das nächste Gewerk konnte angegangen werden.

Nach der Schreinerei folgten wieder Blecharbeiten. Da die vorhandene GFK-Kühlermaskenattrappe so garnicht dem Original ähnelte, habe ich eine aus Stahlblech geschweisst. Das Teil wurde dann aus Kostengründen erstmal lackiert, eine Verchromung wie beim Original ist  für später geplant.Man beachte übrigens die rückenschonende Arbeitshaltung....

 

Der vorhandene Tank war leider beschädigt. Der Einfachheit halber habe ich ihn nachgebaut und mit zusätzlichen Schwallwänden versehen. Die kraftstofffeste  Innenbeschichtung erfolgte mit dem Material von "Tanksiegel". Der Einfüllstutzen reicht über der "Napoleonhut" ins Innere der Kühlermaske, so dass über den Dummy-Kühlerverschluss betankt werden kann.

Dann wurde es laut und schmutzig. Einen PKW-Anhänger habe ich als Sandstrahlkabine genutzt und das zerlegte Fahrgestell und alle Anbauteile entrostet und entlackt. Mein Oldtimer-Baustellenkompressor mit modifiziertem VW-Motor hat mir dabei ein weiteres Mal gute Dienste geleistet. Gut, dass die Nachbarn geduldig sind in einigem Abstand wohnen...

Nach Grundierung erfolgte die Lackierung des Chassis und der Anbauteile wie das Bugatti-Modell von Matchbox. Zusätzlicher Ballast an der Vorderachse ist erforderlich um das Fahrzeug lenkbar zu machen. Hier wurden 80kg Stahlplatten montiert. Zur Verbesserung der Einfederung und leichten Tieferlegung habe ich aus den oberen Federpaket einige Federstäbe entfernt.

Da die Kotflügel nicht den Vorgaben der STVZO entsprachen, musste ich neue anfertigen. Von einem Gipsmodell habe ich eine Negativform aus GFK abgenommen und dann neuen Kotflügel laminiert. Die ungeteilte Motorhaube ist mit Edelstahlscharnieren so am Einstiegskantenschutzwulst angeschlagen, dass das Heck im Ganzen über die durchgehende Sitzbank nach vorne geklappt werden kann.

Nach dem alles so funktionierte wie es sollte, die Löcher für die Anbauteile da waren, wo sie hin gehörten und die Spaltmaße tolerabel waren, folgte die Lackierung der Karosserieteile.  Als optimalen Zeitpunkt für die Lackierung im Freien hab ich die frühen Morgenstunden herausgefunden: Frühtau bindet den Staub und Insekten sind noch nicht unterwegs... 

Die lackierten Teile wurden dann auf dem Chassis mit Edelstahlschrauben befestigt. Beim Bugatti ist die Position der Instrumente und Schalter anders als beim Käfer. Viele Kabel des Käferkabelbaums müssten verlängert werden. Das bietet viele Angriffsmöglichkeiten für den Kupferwurm. Den Kabelbaum habe ich deshalb komplett mit den Originalkabelfarben neu gefertigt.

Mit den Zurüstteilen habe ich mir viel Mühe gemacht. In Anlehnung an das Originalkühlerthermometer des Bugatti von 1929 habe ich aus Aluminium einen Tankdeckelverschluss gedreht. Die Skala auf der Rückseite der aus Neusilber geätzten Anzeigescheibe misst die Fahrfreude in "Joie"-Graden und steht konstant auf 110%...  Auch das Bugatti-Emblem ist eine geätzte Neusiberplakette.

Der Arbeitsplatz des Pilotenteams: Selbstgesteppte Kunstlederausstattung der Sitzbank und Innenverkleidung. Windschutz an den Brooklandscheiben aus Leder, wie beim Original. Instrumente historischen Vorbildern nachgebaut mit gealterten Zifferblätten und geätzten Zeigern. Alte Schalter. Die Konsole mit dem nicht stilechten CD-Radio ist nach oben wegklappbar.

Die dem Original nachempfundenen Radabdeckungen sind aus 4mm Aluminiumblech gefräst, tiefgezogen und aus mehreren Teilen vernietet und mit imitierten Zentralverschlüssen aus GFK komplettiert. 

Das Notverdeck ist aesthetisch eine Katastrophe, aber funktioniert und findet samt großer Scheibe im Kofferaum Platz.

Dazu musste allerdings die Starterbatterie  einen neuen Platz finden. Sie ist jetzt in einem außenliegenden Batterie- und Werkzeugkasten mit aufgesetztem historischem Feuerlöscher untergebracht.

Da auch die Fahrzeuginsassen Oldtimer sind, wurde eine Tür für die Copilotenseite gebaut und in die Karosserie integriert.

Ich finde, es ist bisher recht ordentlich Aber eine "Replica" ist nie richtig perfekt. Und das ist gut so. Ein Fahrzeug, das einfach nur Spass macht. Beim Basteln, beim Fahren. Ähnlich wie das Vorbild, und doch ganz anders.

 

 

Published on  February 22nd, 2024